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Energie & Umwelt

Wenn Solaranlagen plötzlich lahmlaufen

In den letzten Jahren tritt bei Photovoltaikanlagen ein neues Phänomen auf: Durch eine besondere Art der Degradation büssen sie massiv an Leistungsfähigkeit ein. Der Student Andreas Fricker untersucht das Phänomen und kann dabei auf eine Zeitmaschine zurückgreifen.

Solar PID

Andreas Fricker ist einer mysteriösen Krankheit auf der Spur: Ihr Name: «Potential-induced Degradation» oder kurz PID. Die Patienten: Photovoltaikmodule. Das Symptom: Ungewöhnlich hohe Ertragseinbussen der Solaranlagen. «PID hat erst in den letzten Jahren gewisse Bekanntheit erreicht», erklärt der Energie- und Umwelttechnik-Student.

PID kann entstehen, wenn zwischen den Zellen des Photovoltaikmoduls und dem Aluminiumrahmen eine hohe negative Spannung liegt. Diese führt zu Diffusionsprozessen und Leckströmen zwischen Rahmen und Zellen, die Zellen im Modul degradieren. Das Resultat ist ein progressiver Leistungseinbruch der Module. Dabei unterscheiden die Fachleute zwischen reversibler PID, bei welcher die Degradation durch Anlegen einer Gegenspannung rückgängig gemacht werden kann, und irrreversibler PID, durch welche die Zelle permanent geschädigt wird.

PID im Labor testen

Andreas Fricker untersucht das Phänomen anhand von Modulen, die aus einer grossen Solaranlage in der Nordwestschweiz stammen. Der Auftraggeber vermutet PID, will aber mehr wissen: Welche Art von Degradation ist es und was kann dagegen getan werden? Um das herauszufinden, misst Andreas Fricker zuerst die gegenwärtige Leistungsfähigkeit der Module. Das geschieht mit einem 1300-Watt-Scheinwerfer, den Fricker als Ersatz für die Sonne auf die Module scheinen lässt. Dabei misst er die Kennlinie, in welcher der erzeugte Strom gegen den Spannungsabfall über das Modul aufgetragen ist. Der Verlauf dieser Kennlinie ist ein wichtiger Indikator für die Funktionsfähigkeit eines Solarmoduls.

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Anschliessend steckt Andreas Fricker die Module in eine Klimakammer. Das containergrosse Gerät dient sozusagen als Zeitmaschine. Während 96 Stunden sind die Module einer Temperatur von 60 Grad Celsius, 85 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit und einem negativen Potential von minus 1000 Volt ausgesetzt. Diese extremen Bedingungen lassen die Module beschleunigt altern.

Nach der Tortur in der Klimakammer misst Andreas Fricker nochmals die Kennlinie und untersucht die gestressten Module mit der Wärmebildkamera. Wenn ein Modul mehr als fünf Prozent seiner Leistungsfähigkeit verloren hat, ist es gemäss bereits publizierter Beschleunigungsuntersuchungen mit grosser Wahrscheinlichkeit von PID betroffen.

Mögliche Reparatur für PID

Obwohl erst für das nächste Semester geplant, untersucht Andreas Fricker bereits jetzt mögliche Reparaturen für PID-betroffene Module. In einem ersten Vortest lässt er ein degradiertes Modul wiederum bei 60 Grad und 85 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit in der Klimakammer schmoren, legt aber eine positive Gegenspannung an. Er hofft so, die Diffusion von Fremdatomen in die Solarzellen und somit die Degradation rückgängig zu machen.

Die Klimakammer: Eine Investition für die Energiestrategie

Andreas Fricker ist der erste Student an der Hochschule für Technik FHNW, der die neue Klimakammer benutzen kann. «Im Rahmen der Energiestrategie 2050 haben Photovoltaiksysteme eine grosse Bedeutung», sagt Martin Krejci, Physikprofessor am Institut für Mathematik und Naturwissenschaften und Betreuer der Arbeit von Andreas Fricker, «die Klimakammer dient uns, die Systeme auf Ihre Zuverlässigkeit hin zu untersuchen und dadurch zum Wachstum des PV-Markts in der Schweiz beizutragen». In der 2 x 1.5 x 1.2 Meter grossen Kammer kann ein Klima von -70 bis 150 Grad Celsius und 10 bis 95 Prozent relative Luftfeuchtigkeit hergestellt werden. «Wir werden einerseits klimatische Standardtests durchführen», erklärt Martin Krejci, «andererseits wollen wir spezielle Experimente durchführen, die dazu dienen, Zuverlässigkeitsmodelle für neue Technologien zu entwickeln».

Forschungsfeld Physik

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