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Weltraumforschung

Röntgenteleskop STIX besteht erste Bewährungsprobe

Mitte April 2020 wurde das Schweizer Röntgenteleskop STIX an Bord der ESA-Mission «Solar Orbiter» erfolgreich angeschaltet. Jetzt wird das Gerät getestet und kalibriert – auch mit Hilfe von Überresten einer Supernova.

Säm Krucker ist ganz ruhig: «Ein erster Schritt», sagt er schlicht, «eine grosse Erleichterung». Da tönt sein Kollege Laszlo Etesi schon anders: «We’re talking to a solar instrument IN FREAKING SPACE!», schreibt er enthusiastisch auf Twitter. Das Forscherteam der Hochschule für Technik FHNW hat gerade das Röntgenteleskop STIX an Bord der Raumsonde «Solar Orbiter» 30 Mio. Kilometer von der Erde entfernt angeschaltet. Das Instrument ist das Ergebnis von über 10 Jahren Arbeit des Teams an der FHNW.

Corona-bedingte Verspätung

Eigentlich hätte das Teleskop schon früher im März angeschaltet werden müssen. Doch aufgrund der Corona-Krise reduzierte die ESA den Betrieb im Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt auf ein Minimum. Erst Mitte April konnte das Team der FHNW verteilt über Home Offices auf der ganzen Welt den Startknopf drücken. Für Projektleiter Säm Krucker war das kein Nachteil: «Solche Operationen sind eine sehr stressige Angelegenheit», gibt er zu bedenken, «da ist es nicht schlecht, einfach mal von der Laptop-Kamera wegzugehen und sich zu entspannen». Etwas, das man in einem Büro meist nicht machen kann.

Als erstes haben die FHNW-Forscherinnen und -Forscher eine vorgeschriebene Testsequenz – sogenannte Funktionstests – durchgeführt Danach nahmen sie ein erstes Spektrum von Röntgenstrahlen mit den 32 Detektoren auf. «Das war ein super Erlebnis, als wir gesehen haben, dass alles funktioniert», erzählt Säm Krucker. In den nächsten Tagen aktualisierte das Team die Software des Teleskops und führte weitere Tests durch. «Es ist wie bei einem Rennauto vor dem Rennen», erklärt der Astrophysiker, «wir versuchen die Grenzen des Geräts auszuloten». Das Team hat jeweils ein Fenster von 8 Stunden, in dem es eine direkte Verbindung zu Solar Orbiter hat. Bis ein Signal der Sonde die Erde erreicht, dauert es rund 100 Sekunden.

Relative und absolute Kalibrierung

Eine wichtige Aufgabe während der Testphase ist die Kalibrierung des Teleskops. Zunächst muss sichergestellt werden, dass die Messungen in das richtige Energiespektrum umgerechnet werden. Dazu haben die Forschenden dem Teleskop eine schwache Röntgenquelle in Form von Barium-Farbe hinzugefügt. Von dieser wissen sie den exakten Strahlungsbereich und können so die Messdaten relativ kalibrieren.

Eine absolute Kalibrierung nehmen sie dann im Sommer vor, wenn STIX die Strahlung des Krebsnebels misst. Dieser gut erforschte Überrest einer Supernova im Sternbild Stier gibt regelmässig wie ein Leuchtturm Röntgenstrahlung von sich. Mit diesem Signal können die Forschenden die Stärke der Messdaten absolut kalibrieren.

Aufnahme des Krebsnebels aus einer Kombination von optischen Daten durch Hubble und Röntgenaufnahmen durch das Chandra X-Ray Observatory. (Quelle: NASA)

Hoffen auf das «Solar Flare»

Weiter müssen die Forschenden die Optik des Teleskops – bestehend aus zwei hintereinander angeordneten Wolframgitter – testen. Dazu beobachten sie die einzige gegenwärtig aktive Stelle auf der Sonne. Ideal für den Test wäre eine richtig kräftige Sonnenexplosion, ein sogenanntes «Solar Flare». Doch zur Zeit ist die Sonne eher ruhig.

Die Sonnenaktivität zwischen 4. und 6. Mai (Quelle: SDO/NASA)

Bis im Sommer werden alle Geräte auf Solar Orbiter eingeschaltet und getestet. Erstmals ganz nahe der Sonne kommt die Sonde erst im Jahr 2022. Bis dann gilt es Ruhe bewahren und auf eine grosse Sonnenexplosion hoffen. «Wir sind sehr optimistisch», sagt Säm Krucker nach den ersten Tests. Für den zurückhaltenden Astrophysiker ist das schon fast enthusiastisch.

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