Forschende der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW messen auf dem Jungfraujoch Russpartikel, die sie dank einer neuen Methode auf die Waldbrände in Kalifornien zurückführen können.

Die Luft im Sphix-Observatorium auf dem Jungfraujoch auf 3’580 Metern ü.M. ist meist sehr sauber. Doch am 30. September 2020 messen die Sensoren einen ungewöhnlichen Anstieg von kohlenstoffhaltigen Aerosolen. Dieser Aerosoltyp stammt meist aus Verbrennungsprozessen wie sie zum Beispiel in Dieselmotoren stattfinden. Der ungewöhnliche Anstieg geht aber auf ein anderes Phänomen zurück: «Alles deutet darauf hin, dass diese Emissionen von den Waldbränden in Kalifornien herrühren», sagt Dr. Alejandro Keller.

Fingerabdruck weist auf Waldbrände hin
Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Sensorik und Elektronik FHNW ist ein Spezialist für Verbrennungsaerosole. Im Rahmen des Global Atmosphere Watch Programme (GAW) der World Metereological Organization WMO haben Forschende der FHNW das selber entwickelte Messgerät FATCAT auf dem Jungfraujoch platziert. FATCAT – kurz für fast thermal carbon totalizator – ist ein extrem präzises Messsystem für kohlenstoffhaltige Aerosole. Während der Analyse verbrennt das Gerät die gefilterte Aerosolprobe. Mit der Messung des entstandenen CO2, können die Forschenden den enthaltenen Kohlenstoff quantifizieren.
Bei der Analyse zeigen sich Unterschiede: Kohlenstoffhaltige Aerosole aus fossilen Brennstoffen wie Diesel verbrennen erst bei hohen Temperaturen, während Aerosole aus Biomassequellen wie Holz relativ früh verbrennen. «Durch diese Unterscheidung können wir so etwas wie einen Fingerabdruck der Verbrennungsquelle erstellen», sagt Alejandro Keller. «Der gemessene Ausschlag Ende September zeigt das typische Muster aus Biomasse-Verbrennungen.» Mit dem identifizierten «Fingerabdruck» und der passenden Windrichtung in der Atmosphäre können die Forschenden den Aerosol-Anstieg mit grosser Wahrscheinlichkeit auf die Waldbrände in Kalifornien zurückführen. Während die meisten Geräte einfach einen Anstieg der kohlenstoffhaltigen Aerosole feststellen, kann FATCAT mit dem «Fingerabdruck» zusätzlich die Herkunft identifizieren.

Rolle von Russ besser verstehen
«Die Messungen zeigen, wie vernetzt unsere Welt ist», gibt Alejandro Keller zu bedenken, «Waldbrände an einem Ort der Welt können tausende Kilometer entfernt Auswirkungen haben». So lagern sich die Russpartikel aus Kalifornien im Eis und Schnee ab und tragen so zur Gletscherschmelze in den Alpen bei.

Nach Kohlendioxid ist Russ der zweitgrösste Verursacher der Klimaerwärmung. Trotz seiner grossen Relevanz für unser Klima und für unsere Gesundheit, wird die gesamte Masse des Kohlenstoffs im Aerosol – das sogenannte «Total Carbon» – noch nicht kontinuierlich in Lufthygiene-Messstellen erfasst und charakterisiert. Darum hofft Aerosolexperte Keller, dass die Weiterentwicklung von FATCAT in Zukunft auch in anderen Messstationen auf der ganzen Welt zum Einsatz kommen wird: «So können wir die Rolle von Russ in der Atmosphäre besser verstehen.»
Eine weitere Anwendung des robusten Messgerätes liegt bei der Lufthygiene. FATCAT ermöglicht die Beurteilung der gesundheitsrelevanten Emissionen, welche von Pellet-, Schnitzel- und Stückholzverbrennungen herrühren.
Weitere Informationen
- Daten aus den letzten 72 Stunden der Global Atmosphere Watch (GAW) Global Site Jungfraujoch. Die Daten von FATCAT sind unter «Total Carbon Content» zu finden.
- GAW Messprogramm
- Institut für Sensorik und Elektronik FHNW
- Projekt FATCAT

Zum Experten
Dr. Alejandro Keller ist Dozent an der Hochschule für Technik FHNW. Im Institut für Sensorik und Elektronik FHNW forscht er zu Aerosolen und den damit zusammenhängenden Verbrennungsprozessen.
T: +41 56 202 74 84
alejandro.keller@fhnw.ch
Noch kein Kommentar. Schreibe den Ersten!